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ALPEN DAS WIRKLICHE IST UNSICHTBAR Sie sind schwer zu entdecken, beinahe unsichtbar, und dennoch prägend für das Selbstverständnis eines ganzen Landes - die Alpenbunker der Schweiz, heimliche Symbole eidgenössischer Landesverteidigung. Der Autor Dominik Loderer erklärt, dass der Bunker mehr ist als Architektur: Er ist die moderne Fortschreibung des Mythos eines wehrhaften Volkes. Kein Bunker lebt nur für sich allein, immer treten sie in sind die Hinterhalte passierbar, noch ruht die Zielplanung Schwärmen auf, genauer, in Ketten. Denn der Beruf des in der geheimen Schublade. Heidi und der Geissenpeter Bunkers ist nicht, wie im deutschen Alltag gemeint wird, merken nichts, aber alles ist schon für den Abwehrkampf das Aufbewahren von Gütern, sondern, eidgenössisch- vorbereitet. Der Fels, auf dem sie sitzen, ist künstlich. igelstachlig, das Sperren. Nur Ketten bilden Sperren. Sie Darunter verbirgt sich der 10,5-cm-Panzerturm. Der Friede werden ins Gelände gelegt. Dazu braucht der Bunker den ist nur eine Pause. Die gilt es im Gebirge zu nützen. Zum Berg. In der Ebene ist er ratlos, verliert seine Kraft, denn Eingraben. Im Schweizerinnern sitzt die Sicherheit. Aus sein wahrer, militärischer Name ist nicht Bunker, sondern dem Fels saugt sie ihre stetige Kraft. Die ungeheure, Geländeverstärkung. Das beschreibt den Charakter und schwere, unterirdische Masse ist die Verankerung der Zweck des Bunkers genau. Er macht stärker. Dort, wo Abwehr. Was oben geschieht, ist Geschichte, was unten das Gelände schon stark ist. Der Bunker ist unsere Stärke. bleibt, Ewigkeit. Auch nach der Menschheit steht das Gebirge da. Und darin stecken immer noch die Bunker. Die Drohung Der Bunker gehört zur Geologie, nicht zur Menschheit. Berg und Bunker sind eins. Der Berg ist im Weg, der Bun- ker sperrt ihn. Gemeinsam sind sie dagegen. Keiner kommt Der Stumme durch, den sie nicht lassen. Sie widerstehen. Sie sagen Aber: Der Bunker ist unsichtbar. Er versteckt sich, tarnt sich. nein. Sie widersagen dem Durchlass. Doch der deutsche Er will kein Ziel sein, weder der Aufmerksamkeit noch der Radfahrer und automobilisierte Tourist, zur Abwehr deren Artillerie. Der Bunker ist nur der Pilz, der einem Myzel ange- Väter die Bunker gebaut wurden, merkt nichts von der hört, das unterirdisch ist. Oben ist er verwundbar. Unten Drohung, die ihn umgibt. Harmlos und vertrauensselig nicht auszurotten. Darum muss er sich über der Erdober- fährt er über die geladenen Sprengobjekte und Panzer- fläche ducken, kleinmachen, unauffällig sein. Da hilft ihm sperren, an Bunkern vorbei und durchs Schussfeld der die Tarnung. Sie bettet ihn in seine Umgebung ein. Er zieht Festungsartillerie. Der Himmel ist blau und die Bergzacken jene Verkleidungen an, die ihm das Gelände vorschlägt. glitzern, doch mitten im Berge sind wir vom Tod umgeben. Das Gewand des Felsen zum Beispiel, als Fluh oder Brocken. Noch verbirgt die Geländeverstärkung ihre Stacheln, noch Als Chalet, Bienenhaus, Dorfkäserei – immer ist er ganz 04


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